„Katastrophenschutz ist Zusammenarbeit in Ausnahmesituationen! Dies gelinge besonders erfolgreich, wenn es Menschen versuchen, die sich vertrauen; ‚Vertrauen‘ setzt ‚Kennen‘ voraus und genau dazu dienen solche Abende!“ Auf Einladung von Dr. Ernst-Dieter Rossmann (MdB) hatten sich Vertreter von Bundes-, Landes- und Kommunalbehörden, von Bundeswehr, Freiwilligen Feuerwehren, DLRG, DRK und Polizei, am 7. Dezember 2015 in der THW-Unterkunft in Pinneberg getroffen, um über „Helfen in der Not - gut organisiert mit dem THW! Was heißt das in der Zukunft?“ zu sprechen. In seinem Vortrag ging Präsident Broemme auf die aktuelle Situation in Deutschland ein und betonte, wie wertvoll die bereits etablierten Formen der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Organisationen des Katastrophenschutzes bei der Bewältigung der aktuellen Flüchtlingskrise seien. Er leitete über zu einem Projekt des THW, in dem man sich vor einigen Jahren für die Überprüfung des eigenen Status quo an Szenarien orientiert habe. Darunter Unwetterlagen, Hochwasser und Stromausfall, aber eben auch Terroranschläge, großflächiger Stromausfall, Ausfall wichtiger Verkehrswege und eben Flüchtlingsbewegungen in Deutschland. Viel Kritik sei an diesen internen Überlegungen des THW geübt worden, „überzogen, undenkbar, unrealistisch“ hätte es immer wieder geheißen. Heute sehe es leider eher so aus, als wären vier parallel ausgeführte Terroranschläge noch zu klein gedacht.
Seit dem Sommer arbeiten täglich 200 bis 1.900 Einsatzkräfte des THW in der Flüchtlingshilfe in Deutschland mit, dies wird der größte Einsatz in der THW-Geschichte werden. Der flächendeckende Stromausfall im Münsterland liegt nun 10 Jahre zurück. Damals war dort knapp 60% der gesamten THW-Notstromkapazität im Einsatz. Aus der Sicht der Stromversorger war die technische Ursache „undenkbar“, doch für Broemme viel wichtiger: „Damals waren lediglich Teile von drei Landkreisen betroffen. Jeder konnte 10, 15, 20 km weit fahren und dort dann „normal“ tanken und einkaufen. Einige Zeit Kerzenlicht, doch der dreiwöchige Stromausfall hatte zum Glück kaum schlimmere Folgen.“ Auf Nachfrage von Landrat Oliver Stolz ergänzte er, dass die Erfahrungen des THW in New Orleans und New York (nach Hurrikane), in Hamburg (nach Sprengung), im Münsterland und in Slowenien (nach Wintereinbruch/Eisregen) einheitlich seien: „Wenige Menschen sorgen privat vor, Firmen erproben ihre Vorsorge oft nicht kritisch genug, durch Outsourcing fehlen den Energieversorgern heute vielerorts Notfalltechniker und nicht zuletzt denken Politik und Behörden: Feuerwehr und THW werden es schon richten,“ so Broemme. „Das sei aber eben nicht flächendeckend und mittelfristig möglich!“ Jeder Haushalt und vor allem Pflegeheime, Krankenhäuser und Betriebe der Viehwirtschaft sollten sich im gebotenen Umfang vorbreiten. Bei einem großflächigen Ereignis werden die Ressourcen der Blaulichtgemeinde nur punktuell Abhilfe schaffen können und das wirklich lebensnotwenige erhalten – „einen Normalbetrieb im Ausnahmezustand wird es nicht geben!“
Diese Gedanken hob Frau Dr.-Ing. Valerie Wilms (MdB), Maschinenbau-Ingenieurin und Fachpolitikerin für Infrastruktur, in ihrem Statement hervor. Sie stimmte den Ausführungen von Herrn Broemme zu, sah aber vor allem bei den lokalen Energieversorgern eine bedeutendere Rolle. Für bessere Netzstabilität bei Ausnutzung erneuerbarer Energien sei Kompetenz vor Ort gefragt. Es würden Menschen vor Ort gebraucht, die sich kümmerten. Die sich örtlich auskennen und die Ratsuchenden mit örtlicher Erfahrung zur Seite stehen und im Notfall die Maßnahmen effektiv durchführen könnten. Hier sehe sie in der Kreisverwaltung einen wichtigen Partner und dankte dem Landrat für seine erfolgreichen Bemühungen um einen leistungsfähigen Katastrophenschutz für den Kreis Pinneberg.
Heute säße man mit Partnern der Generaldirektion Humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz (DG ECHO) in Brüssel zusammen, um den Ansatz auf die europäische Union zu übertragen und den Katastrophenschutz-Mechanismus der EU daran zu messen und ggf. zu optimieren.
Ein weiterer Schwerpunkt der Diskussion lag auf dem von Herrn Dr. Rossmann angesprochenen Thema der Integration von Migranten in den Katastrophenschutz. Hier ist seitens der Hilfsorganisationen zum einen Offenheit für andere Kulturen gefordert, zum anderen müssten verstärkt Kontakte in die jeweiligen Bevölkerungsgruppen gesucht werden. Diese empfänden aus ihren Heimatländern derartige Institutionen oftmals eher als Bedrohung und seien sich gar nicht bewusst, auf welch vielfältige Weise sich in Deutschland die Zivilgesellschaft für das Allgemeinwohl engagiert. Präsident Broemme berichtete in diesem Zusammenhang von einem aktuell anlaufenden Pilotprojekt des THW zur Integration von Migranten. Dies hat zum Ziel, sowohl die Integration in Deutschland zu fördern, zum anderen aber auch Rückkehrer in die Herkunftsländer mit potenziell wertvollem Know-How zum Wiederaufbau ihrer Länder auszustatten.
Ergänzt durch die Ehrung von lokalen Unternehmen, die den Katastrophenschutz besonders fördern und die ausgiebig vorhandenen Möglichkeiten zum persönlichen Austausch zwischen den Repräsentanten der vertretenen Organisationen, war der Abend ein wertvoller Beitrag zur Vernetzung, zum Aufspüren weiterer Verbesserungspotenziale und damit zu einem funktionierenden Katastrophenschutz im Kreis Pinneberg.